Mittwoch, März 29, 2006

Die Göttin in Wien II


Am Neuen Markt im 1. Bezirk befindet sich eine der schönsten barocken Brunnenanlagen Wiens: der Donner-Brunnen, der eigentlich Providentia-Brunnen heißt. Die weibliche Figur, die in der Mitte über allen anderen thront, stellt Providentia dar: Providentia kommt aus dem lateinischen und bedeutet je nach Übersetzung die "glückverheißende Vorsehung" oder „Fürsorge, Umsicht, Voraussicht“. Auch kann man annehmen, dass die Figur eine Allegorie für die Donau darstellt, denn sie ist umgeben von vier weiteren Figuren am Beckenrand, die alle Nebenflüsse der Donau symbolisieren: der Jüngling die Traun, der Greis die Enns und die beiden Frauengestalten die March und die Ybbs. Providentia steht auch für „gute Regierung“, und bezieht sich wohl nicht zuletzt auch auf die gute Wasserversorgung Wiens.

Der Bildhauer Georg Raphael Donner hat, wie viele andere Künstler vor und nach ihm, intuitiv die Flussgöttin mit der Kraft der Schlange in Beziehung gesetzt; seine Providentia hält eine Schlange in ihrer Hand. Laut Beschreibung von Kunsthistorikern sei das Schlangensymbol als "Zeichen der Unsterblichkeit" zu verstehen.


Im Vergleich dazu: In Indien wird wird der heilige Fluss Ganges durch die Göttin Ganga repräsentiert, die der Mythologie nach dem Scheitel Shivas entspringt, bzw. durch die Haare Shivas gebändigt wird. Ganga steht auch für die Kundalini, die aus dem menschlichen Scheitel dringt. Schlangen werden an vielen Orten und Kulturen mit der Kraft von Flüssen in Verbindung gesetzt, sind aber auch Symbol für die subtile, innere und unsterbliche Kraft der Kundalini.

Georg Raphael Donner (1693 –1741) zählt zu den herausragendsten Meistern der Bildhauerkunst der Barockzeit. Zwischen 1737 und 1739 entstand als sein Hauptwerk der so genannte Providentiabrunnen. Die Stadt Wien trat hier als Bauherr auf, was in der künstlerisch vom Kaiserhaus und Hochadel bestimmten Barockzeit eher einen Ausnahmefall darstellt. Der Brunnen wurde also von den BürgerInnen Wiens finanziert und es befindet sich kein einziges kaiserliches und auch kein religiöses Symbol darauf. Die wunderschönen Blei-Originale der Brunnenfiguren stehen seit 1921 im Barockmuseum der Österreichischen Galerie Belvedere, am ursprünglichen Standort verblieben witterungsbeständige Bronzekopien.
Barockmuseum

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